Erschwerte Bedingungen für eine ausreichende Mineralstoffversorgung

Eine natürliche und ausgewogene Ernährung ist durch nichts zu ersetzen. Gemeinsam mit regelmäßiger körperlicher Bewegung, wenig Stress und gutem Schlaf zählt sie zu den wichtigsten Erfordernissen für ein langes und gesundes Leben. Allerdings stellt sich heute immer häufiger die Frage, ob es uns dies auch gelingt. Es gibt viele Faktoren, die es uns schwer machen. 

1. Belastete und erschöpfte Böden

Die moderne Landwirtschaft, mit ihren Techniken und Anbaumethoden ist nicht immer geeignet, aus unseren Böden das Beste herauszuholen. Studien zeigen, dass der Mineralstoffgehalt der Böden dramatisch gesunken ist, was nicht zuletzt an modernen Düngemitteln liegt. Dieser Mangel überträgt sich auch auf die pflanzlichen Erzeugnisse, die Nutztiere und letztendlich den Menschen als Endverbraucher.

 

Der großzügige Einsatz von Pestiziden und Herbiziden sowie Chemikalien im Wasser, belasten die Böden zusätzlich. Weitere Faktoren können die Güte der Erzeugnisse erheblich beeinträchtigen; Transporte über oft große Entfernungen, die anschließende Lagerung und auch viele Arten der Weiterverarbeitung setzen den Erzeugnissen arg zu. Darüber hinaus werden manche Lebensmittel bestrahlt oder auf andere Weise verarbeitet, damit man ihnen ihre lange Reise nicht ansieht.

 

Andere Verfahren, wie die Raffination z. B. von Weizen und Reis, sorgen für dramatische Verluste an Mikronährstoffen. Reis etwa verliert dabei 50 bis 95 % der B-Vitamine, dem Vitamin E und die meisten seiner Spurenelemente. Und diese Verfahren bedeuteten oft nur den Beginn weiterer Verarbeitungsverfahren, etwa bei der Gruppe der Milchprodukte, wobei die Bioverfügbarkeit von Enzymen, Vitaminen und bestimmten Aminosäuren vielfach drastisch reduziert wird.

 

Hinzu kommt die unüberschaubare Fülle von Zusatzstoffen, die der Nahrung beigemengt werden, angefangen mit zahlreichen künstlichen Aromen und Farbstoffen, über Süßstoffe, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker, bis hin zu Emulgatoren, Weichmachern, Konservierungsmitteln und anderen Chemikalien.

 

All diese Faktoren zusammen führen letztlich dazu, dass viele Nahrungsmittel nicht nur sehr denaturiert und dadurch schlechter resorbierbar werden, sondern auch arm an Mineralien, Vitaminen und hunderten von anderen Nährstoffen auf unsere Teller und schließlich in unseren Organismus gelangen.

 

Am gesündesten ernährt sich, wer noch frisch ernten oder jagen kann, oder sich ausschließlich durch möglichst biologisch angebaute, frische und schonend verarbeitete Lebensmittel ernährt. Nicht jeder aber kann es sich heute leisten, ausschließlich auf biologische Lebensmittel bei der Ernährung zurückzugreifen, was eigentlich ein Skandal ist.

 

Immerhin kommt das heutige BIO dem ganz normalen Essen von einst nahe. Aber auch diese BIO-Kost garantiert nicht immer, dass wir noch wie zu Großmutters Zeiten versorgt werden.

 

2. Umweltverschmutzung

Die zunehmende Verschmutzung von Luft und Wasser, nicht nur durch Schwermetalle, trägt dazu bei, dass unser Organismus einen höheren Bedarf an spezifischen Nährstoffen besitzt, da ein mehr an Schadstoffen in der Regel mit einem gesteigerten Verbrauch an Schadstoff neutralisierenden Nährstoffen einhergeht, beispielsweise den antioxidativen Vitaminen A, C und E. Neben genannten Toxinexpositionen in Luft und Wasser, haben wir mit vielen weiteren, teilweise sehr bedenklichen chemischen Stoffen zu kämpfen, in Schulen, Wohnungen und an unseren Arbeitsplätzen.

 

Beispielsweise finden wir Bisphenol (BPA), eine auf den Hormonhaushalt wirkende synthetische Chemikalie in unzähligen Alltagsprodukten, wie Kassenbons, Parkscheinen, Plastikgeschirr, Lebensmittelkonserven, sowie längst auch in menschlichem Blut und gar Fruchtwasser. Industrielle Lösemittel, Reinigungsmittel und vieles mehr sind zusätzliche Belastungen, mit denen unser Organismus tagtäglich irgendwie fertig werden muss. All das geht letztlich auch mit einem Mehrbedarf an Mikro-Nährstoffen einher, da diese zur Entgiftung solcher Substanzen benötigt und verbraucht werden. Doch viele Lebensmittel liefern kaum noch den Mindestbedarf - ein gefährlicher Teufelskreis auf den wir uns hier zubewegen.

 

3. Schlechte Essgewohnheiten und schwache Verdauung

Der Verzehr von Fastfood und Nicht-Bio-Lebensmitteln, hastiges Essen, unregelmäßige oder ausgelassene Mahlzeiten und der Versuch diese durch einen schnellen Donut plus Kaffee zu kompensieren und andere Formen ungesunden Essverhaltens, sind häufige Gründe für einen akuten oder auch chronischen Mangel an wertvollen Nährstoffen.

 

Auch die Zubereitung der Speisen hat Einfluss auf deren Gehalt. Langes Kochen etwa führt zu einem dramatischen Verlust an Vitaminen, Antioxidantien und Enzymen. Darüber hinaus leiden viele Menschen ohnehin schon an einer schwachen Verdauung.

 

4. Sport und körperliche Anstrengung

Körperliche Arbeit und Sport erhöhen je nach Grad der Belastung den Bedarf an Mineralstoffen, Spurenelementen, Antioxidantien und anderen Mikronährstoffen. Das hat viele Gründe, von erhöhter Stoffwechselaktivität und vermehrter Ausscheidung durch Schwitzen, über die Zunahme von oxidativem Stress durch erhöhte Sauerstoffbelastung, bis hin zu möglichen hohen Verluste über die Nieren bei Überbelastung, und das weit in die Erholungsphase hinein.

 

Sportler und Athleten haben daher generell ein relativ hohes Risiko dafür, an einem Nährstoffmangel zu leiden und müssen folglich besonders auf die Zufuhr einer ausreichenden Menge von essentiellen Nährstoffen achten. Sonst drohen Probleme, derer eine Einschränkung ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit noch das kleinste sein dürfte.

 

5. Natürlicher Alterungsprozess

Ältere Menschen weisen häufig einen erhöhten Nährstoffbedarf auf. Mögliche Gründe sind Malabsorption bzw. mangelnde Verwertung der aufgenommenen Nahrungsmittel z.B. durch die natürliche Abnahme der Produktion von Magensäure und Verdauungsenzymen. Unregelmäßige Essgewohnheiten und/oder unzureichendes Kauen können die Aufspaltung und Aufnahme der Nährstoffe zusätzlich erschweren. Mit steigendem Alter beginnt auch häufig die regelmäßige Einnahme von Medikamenten. Diese können zum einen die korrekte Nährstoffaufnahme beeinträchtigen und sind zum anderen häufig selbst für einen erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen verantwortlich.

 

6. Stress, Eile und Schlafmangel

Wir alle führen ein arbeitsreiches Leben mit zahlreichen Verpflichtungen und immer mehr Menschen fühlen sich dadurch maximal beansprucht. Darüber hinaus gibt es fast unzählige Quellen für weiteren negativen Stress, der immer auch zu einem Anstieg des Verbrauchs zahlreicher essenzieller Nährstoffe, wie Calcium, Magnesium, Zink, Chrom, Mangan, Vitaminen, Antioxidatien und vielen anderen führt.

 

Negativer chronischer Stress schwächt nicht nur in hohem Maße das Immunsystem, er gehört selbst auch zu den Ursachen von Verdauungsstörungen, da er sich auf die Aktivität des sympathischen Nervensystems auswirkt und nicht nur Nährstoffe verbraucht, sondern gleichzeitig die Verdauungskraft verringert und somit auch die Nährstoffverwertung.


 

Das lässt nicht selten auch bei guter Ernährungssituation Versorgungslücken an essenziellen Nährstoffen entstehen.

 

7. Andere belastende Lebenssituationen

Neben all den aufgezählten Faktoren gibt es eine Vielzahl weiterer, die zu einem erhöhten Bedarf an essenziellen Nährstoffen führen können, indem sie deren Verbrauch erhöhen und/oder beschleunigen. Beispielsweise gehen Alkoholkonsum und rauchen direkt mit einem erhöhten Verbrauch von Vitamin C, der Vitamin B-Gruppe, verschiedenen Mineralien und Antioxidantien einher.

 

Auch Infektionen, Allergien Entzündungen und chronische Erkrankungen führen letztlich stets zu einem höheren Bedarf an spezifischen Mikronährstoffen. Schwangere und stillende Frauen, an Schlafmangel leidende Menschen, jene, die aus unterschiedlichen Gründen bestimmte Diäten einhalten und auch jeder, der aufgrund finanzieller Probleme, einer schwierigen Ehe oder anderen Gründen seelisch besonders belastet ist, hat in der Regel einen größeren Bedarf an spezifischen essenziellen Mikronährstoffen.

 

8. Sparflamme vs Optimalversorgung: Der Nutrient Reference Value (NRV)

Zu all dem Genannten darf die Frage aufgeworfen werden, ob die Richtwerte nach denen festgelegt wird, wie viel an welchen Stoffen ein Mensch benötigt, um optimal versorgt zu sein, auch wirklich zielführend sind.

 

Die NRV-Werte sind als verbindliche Richtlinie im Jahre 2011 festgelegt worden und lösten gleichzeitig die ebenfalls in der EU herausgegebenen und bis dato gültigen Recommended Daily Allowances (RDA-Werte) ab.

 

Doch was genau ist eigentlich der "NRV"?

Der NRV benennt die Menge und den Bedarf spezifischer Mikronährstoffe, wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, die ein gesunder Mensch pro Tag aufnehmen sollte. Er berücksichtigt weder Alter noch Geschlecht und geht auch ansonsten von einer Art Muster-Menschen aus, der weder raucht, noch Alkohol trinkt, weder Medikamente einnimmt, noch an Stress leidet und auch sonst keinen der wie auch immer gearteten und mannigfaltigen möglichen Gründe für einen erhöhten Bedarf und Verbrauch an essenziellen Mikronährstoffen aufweist.

 

Kurz gesagt, der NRV ist ein Mindestwert für eine bestimmte sehr gesunde Bevölkerungsgruppe. Weder ist er als Angabe zu Höchstmengen und Obergrenzen und schon gar nicht als ein Optimalwert zu verstehen.

 

Tatsächlich existieren überhaupt keine gesetzlich festgelegten Optimalwerte, was die Zufuhr von Vitaminen und Spurenelementen angeht. Allerdings gehen viele Ernährungsmediziner weltweit dazu über, sich an Optimalwerten zu orientieren. In den USA stellen viele Ernährungsmediziner daher den Recommended Daily Allowances, kurz RDA (ähnlich dem EU-NRV-Wert) einen ODA-Wert gegenüber, den Optimum Daily Allowances.

 

Während die RDA-Werte, ähnlich den europäischen NRV-Werten, eher vor einem schwerwiegenden Nährstoffmangel schützen sollen, haben die ODA-Werte den Anspruch, dazu beizutragen, eine optimale Gesundheit aufrechtzuerhalten und zu unterstützen. Tatsächlich überschreiten diese ODA-Werte nicht selten beträchtlich die RDA-Nährstoffwerte, die mit der Nahrung allein aufgenommen werden können.

 

Fazit

Vielerlei Fakten und Überlegungen sprechen dafür, dass wir uns verstärkt Gedanken zu der weit verbreiteten Unterversorgung machen sollten. Darauf deuten nicht nur Zahlen hin, die vom Max Rubner-Bundesforschungsinstitut MRI (früher: Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Rahmen der "Nationalen Verzehrsstudie II (2008)" erhoben wurden.

 

Untersucht wurde dabei das übliche Ernährungsverhalten und dessen Auswirkungen auf die Menschen in Deutschland. Circa 20000 Personen aller Altersgruppen wurden zwischen November 2005 und Januar 2007 zu ihrem Lebensmittelverzehr befragt. Zugrunde gelegt wurde lediglich die empfohlene Mindestmenge des NRV. Die Ergebnisse waren alarmierend. Annähernd 100 % der Männer und Frauen wiesen eine zu niedrige Vitamin-D-Zufuhr auf, immerhin 79 % der Männer und 86 % der Frauen, eine zu geringe Zufuhr an Folsäure.

 

Ein Drittel aller Frauen und Männer waren unterversorgt an Vitamin C und ca. 50 % der Frauen zwischen 19 und 80 Jahren unterschritten die empfohlene Zufuhr an Vitamin E. Ähnlich katastrophal sah es bei anderen Referenzwerten, etwa bei Spurenelementen aus. Eine umfassender Einblick in die Ergebnisse der Studie, kann hier vorgenommen werden: http://www.vitalstoff-lexikon.de/upload/pdf/Nationale_Verzehrsstudie.pdf

 

Unsere Art zu Leben und wie wir mit der Umwelt umgehen, sollte wir dringend überdenken und an vielen Stellen den sogenannten Fortschritt durch einen Schritt zurück korrigieren. Auch muss das Bewusstsein für die eigene Verantwortlichkeit beim Verbraucher wachsen und an vielen kleinen Stellschrauben kann er selbst seine Versorgung durch geeignete Maßnahmen verbessern. Mikronährstoffe sind keine Allheilmittel. Doch können sie Versorgungslücken schließen und bei einem verantwortlichem Umgang zur Erhaltung der Gesundheit beitragen.

 
Wir wünschen Ihnen viel Freude, und bleiben Sie gesund!